Höhere Tierhaltungsstandards - höhere Preise

Eine wachsende Zahl von tierhaltenden Betrieben stellt unter Beweis, dass höhere Kosten für Tierwohl und eine umweltgerechte Produktion erfolgreich an Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben werden können.

Hohe Tierwohlstandards, die weit über die gesetzlichen Vorgaben der konventionellen Erzeugung, gelegentlich sogar über die der ökologischen Landwirtschaft, hinausgehen, finden bei Verbraucherumfragen eine hohe Akzeptanz. Tierhaltende Betriebe bestätigen häufig, dass diese Art der Tierhaltung ihre eigene Arbeitszufriedenheit und Lebensqualität deutlich gesteigert habe. Dennoch ist es bislang auf den etablierten Vermarktungswegen über Molkereien, Viehhandel, Schlachtunternehmen, das Schlachterhandwerk und den Lebensmitteleinzelhandel kaum möglich, für die kostenintensiveren Haltungsstandards angemessene Mehrerlöse zu erzielen.

Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter, die sich für einen alternativen Weg mit hohen Tierwohlstandards entscheiden, müssen sich praktisch immer auch mit alternativen Vermarktungswegen und der Suche nach geeigneten Partnern auseinandersetzen. Ein Weg ist die Direktvermarktung von Fleisch, Geflügel- und Milchprodukten ab Hof, auf städtischen oder ländlichen Märkten, in Verkaufsstellen von Kollegen, Mühlen, Landmärkten und dem lokalen Lebensmitteleinzelhandel. Die Schlachtung und Verarbeitung liegen bei diesen Vermarktungswegen in der Hand des Erzeugers. Diese ist zeitaufwändig und aufgrund hoher rechtlicher Anforderungen für hygienisch sensible und leicht verderbliche Produkte kostenintensiv. Produkte können zunehmend auch auf alternativen Vermarktungswegen wie Online-Plattformen verkauft werden. Auf diese Weise können weiter entfernte Abnehmerinnen und Abnehmer bedient und Märkte erschlossen werden. Neben dem Platzbedarf der Tiere und Zeitaufwand für die Tierbetreuung steigen die Kosten auch im Vermarktungsaufwand.

Kommunikation über den Mehrwert bei Tier und Kunden

Was zeichnet Betriebe aus, die mit oder sogar trotz höherer Tierwohlstandards erfolgreich sind und ihre Mehrkosten über das Produkt decken können? Diese landwirtschaftlichen Unternehmerinnen und Unternehmer begleiten ihre Erzeugnisse, Fleisch, Eier und Verarbeitungsprodukte in der Regel weit in die Verarbeitungs- und Vermarktungsstufen hinein und kommunizieren offensiv den Mehrwert für das Tier, die Marktpartner und den Kundenkreis. Dazu nutzen sie moderne Marketinginstrumente und die Möglichkeiten sozialer Medien unabhängig von Dienstleistern. Sie nehmen selbst wesentlichen Einfluss auf das Produktmarketing. Die Erzeugerinnen und Erzeuger laden Produkte emotional auf, indem sie selbst als Werbebotschafter auftreten. Sie nutzen das Instrument des sogenannten Storytellings aus der Öffentlichkeitsarbeit, das heißt sie erzählen interessante Begebenheiten von ihren Höfen und geben Einblicke auf ihren Betrieb.

Erfolgsentscheidend für alternative Vermarktungswege sind veränderte Denk- und Handlungsmuster bei den Betriebsleitenden und ihren Familien. Diese sogenannten Soft Skills umfassen außerdem die Fähigkeit, ihre eigene Geschäftsumwelt aktiv, kreativ und selbstverantwortlich zu gestalten.  Verantwortungsbewusstsein für die Begleitung der Produkte vom Stall bis an die Ladentheke, Kontaktfreude, Kommunikationsfähigkeit und die Fähigkeit mit Geschäftspartnerinnen und Geschäftspartnern sowie Kundinnen und Kunden empathisch umzugehen, ohne die eigenen Unternehmensziele aus den Augen zu verlieren, sind Schlüsselkompetenzen erfolgreicher Betriebsleiterinnen und -leiter, die hohe Tierwohlstandards in ihre Produkte einpreisen.

Anforderungen an die Tierbetreuung verursachen Kosten

Ein deutliches Mehr an Tierwohl als gesetzlich vorgeschrieben erfordert nicht zwingend einen Stallneubau, Investitionen in teure Technik oder die Umstellung auf ökologische Landwirtschaft. In jedem Fall aber stellen höhere Tierwohlstandards besondere Anforderungen an die Tierbetreuung, das Management, die Arbeitszeit, die Mitarbeiterqualifikation und Vermarktung. Sie verursachen Kosten, die im Produkt bereits beim Verlassen am Hoftor im Preis enthalten sein müssen.

Dass Tierwohl vor allem vom Betriebsmanagement abhängt, das wissen viele Verbraucherinnen und Verbraucher meist. Sie treffen häufig auch eine bewusste Kaufentscheidung zugunsten regionaler Produkte. Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter, die keine Scheu vor Öffentlichkeit haben, stehen hierfür erfolgreich als glaubwürdige Fürsprecher ihrer Betriebsphilosophie und der eigenen Produkte. Durch regelmäßigen Kontakt mit Verbraucherinnen und Verbrauchern versuchen Erzeugerinnen und Erzeuger Kundenvertrauen zu stärken und so die Bereitschaft zu erhöhen, für aufwändig erzeugte Lebensmittel aus tierischer Produktion deutlich mehr zu bezahlen.

Beispiele für Betriebe, die diese neuen Wege gehen sind der "Aktivstall für Schweine" und "Hühnerhof und Hofladen Strauß", zu denen Sie auf den folgenden Seiten mehr lesen können.

Weitere Informationen

B&B Agrar: Mit Tierwohl Geld verdienen (in der Ausgabe Nr. 2/2021 „Zielkonflikte meistern")

So leben die Schweine im Aktivstall für Schweine

Direkt zu: Aktivstall für Schweine

Direkt zu: Hühnerhof und Hofladen Strauß

Schweine liegen im Außenbereich des Stalles
Bei warmem Wetter liegen die Schweine gern draußen - auf dem kühlen Spaltenboden, Quelle: BLE