Nutztierstrategie

Im Jahr 2019 brachte das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) die Nutztierstrategie auf den Weg. Ziel der Nutztierstrategie ist, der Nutztierhaltung in Deutschland eine Zukunft zu geben und sie als hochentwickelten Sektor weiterhin zu verbessern. Sie soll den Weg in eine Tierhaltung weisen, die eine breite Zustimmung der Gesellschaft findet, die gleichzeitig ökonomisch gut aufgestellt ist und die Versorgung der Verbraucher sichert. Hierfür werden neue Ställe entwickelt und in der Praxis getestet, es werden neue Erkenntnisse gewonnen und in der Praxis auf ihre Umsetzung geprüft.

Die Nutztierstrategie ist das Ergebnis eines internen Diskussionsprozesses im BMEL. Der Prozess wurde unterstützt von einem hochkarätigen externen Beraterkreis aus Wissenschaft, Politik und Technologietransfer.

Zehn Handlungsfelder

Es wurden zehn Handlungsfelder definiert, die aus heutiger Sicht für eine verbesserte Nutztierhaltung geeignet erscheinen und schnell in Angriff genommen werden können. Ein stimmiges Gesamtkonzept für eine finanziell verkraftbare, leistungsfähige und vertrauenswürdige Tierwohl-Förderung zu schaffen, ist die Aufgabe der nächsten Jahre.

Das Ziel des Bundesprogramms Nutztierhaltung ist die Weiterentwicklung von Tierwohl und Umweltschutz in der landwirtschaftlichen Tierhaltung - in neuen und in bestehenden Ställen. Um ein koordiniertes Vorgehen, eine längerfristig verlässliche finanzielle Ausstattung und damit kalkulierbare Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft sicherzustellen, ist ein Bundesprogramm als übergeordnetes Lenkungs- und Finanzierungsinstrument besonders geeignet.

Das Bundesprogramm Nutztierhaltung ist ein wichtiger Baustein im Rahmen der Nutztierstrategie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Mit bestehenden Forschungsaktivitäten ist es eng vernetzt. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) setzt das Programm im Auftrag des BMEL um.

Die einzelbetriebliche Investitionsförderung und die markt- und standortangepasste sowie umweltgerechte Landbewirtschaftung einschließlich Vertragsnaturschutz und Landschaftspflege (MSUL) werden weiterentwickelt und ausgebaut. Die Grundstruktur und - ausrichtung des Agrarinvestitionsförderprogramms (AFP) hat sich bewährt. Die Struktur der Investitionsförderung ist bereits stark auf Tierschutzbelange ausgerichtet.

Ziel ist es, mit Einführung eines staatlichen Tierwohlkennzeichens eine dazu passgenaue Investitionsförderung deutschlandweit anbieten zu können. Zur Verbesserung der Haltungsbedingungen in der Nutztierhaltung werden (analog zur Förderung des ökologischen Landbaus) tierwohlgerechte Produktionsverfahren gefördert.

Das BMEL entwickelt ein staatliches Tierwohlkennzeichen. Mit der Einführung dieser Kennzeichnung wird eine breite Marktdurchdringung angestrebt. Dabei sollen die vorhandenen Initiativen (z. B. Brancheninitiative Tierwohl, Deutscher Tierschutzbund "Für Mehr Tierschutz") einbezogen werden.

Das staatliche Tierwohlkennzeichen ist ein zentraler Baustein, um einen Teil der höheren Produktionskosten für höhere Tierwohlstandards zu decken. Damit haben Verbraucherinnen und Verbraucher eine Wahlfreiheit und können durch ihr Einkaufsverhalten Verantwortung übernehmen und Impulse für mehr Tierwohl in der Erzeugung setzen. Angestrebt wird eine Kennzeichnung, die über dem gesetzlichen Standard liegende Anforderungen an alle Stufen der Tierhaltung, von der Erzeugung bis zur Schlachtung, beinhaltet. Sie soll in der Breite der Tierhaltung wirken und gleichzeitig ein ambitionierter, glaubwürdiger und transparenter Schritt hin zu mehr Tierschutz sein.

Der züchterische Fortschritt bei Nutztieren wird in Deutschland von leistungsfähigen Züchtervereinigungen und international ausgerichteten Zuchtunternehmen erbracht. Der Schwerpunkt der züchterischen Aktivitäten liegt allerdings zu stark auf Leistungsmerkmalen wie Steigerung der Milchleistung und Fleischzunahmen. Es bestehen züchterisch bedingte Tierschutzprobleme, zum Beispiel durch Selektion auf die Leistung weiblicher Tiere (Eier, Milch), die zu einer Entwertung der männlichen Tiere führt.

Mit den Zuchtorganisationen und -unternehmen werden freiwillige Vereinbarungen getroffen, um die Zucht auf Gesundheit und Robustheit und Fitness in der Praxis deutlich zu verstärken und weiterzuentwickeln. Es wird erwartet, dass zeitnah wesentliche Entwicklungen durch Wirtschaft und Zuchtorganisationen eingeleitet und nachdrücklich vorangetrieben werden. Ziel ist eine nachhaltige Zucht, die die Ausgewogenheit der Zuchtziele zwischen den Merkmalen zur Mengenleistung einerseits und der Tiergesundheit sowie zur Umweltwirkung andererseits berücksichtigt.

Mithilfe des Ordnungsrechts können in verschiedenen Bereichen Verbesserungen für das Tierwohl erzielt werden, wie zum Beispiel durch die Einführung des Prüf- und Zulassungsverfahrens für serienmäßig hergestellte Stalleinrichtungen auf Tierschutzanforderungen. In Zukunft soll die berufliche Qualifikation als Voraussetzung für Nutztierhaltung belegt (Ausbildung) und eine qualifizierte Fort- und Weiterbildung durch ein breites Qualifizierungsangebot sichergestellt werden. Das BMEL wird den Qualifizierungsbereich durch Forschungsinstitutionen überprüfen lassen, dabei auch die Frage unqualifizierter Hilfskräfte einbeziehen und gegebenenfalls weitergehende Regelungen treffen.

Die Nutztierhaltung einschließlich Wirtschaftsdüngermanagement soll so ausgerichtet werden, dass Emissionen, die zu einer Beeinträchtigung von Umwelt und Gesundheit führen, reduziert werden. Das BMEL wird prüfen, ob mit Kompensationsmöglichkeiten die Ammoniakbelastung vermindert werden kann. Im Fokus stehen ebenso das Bebauungs- und Genehmigungsrecht, eine flächengebundene Tierhaltung sowie Bestrebungen zur Minimierung der Verwendung von Antibiotika. Um die Nutztierhaltung zu verbessern, werden zeitnahe Vereinbarungen angestrebt. Dabei bleibt das Prinzip der freiwilligen Verbindlichkeit das Mittel der Wahl.

Tierische Erzeugnisse sollen bei gesundheitsbewusster Ernährungsweise selbstverständlicher Teil des Speise¬plans sein. Die Information der Verbraucherinnen und Verbraucher über gesundheitsfördernde Ernährung schließt tierische Erzeugnisse ein und soll so einem gesundheitsgefährdenden, übermäßigen Konsum entgegenwirken.
Im Rahmen der Nutztierstrategie geht es darum, die Produkt- und Prozessqualität (Tierwohl) und die Effizienz des Einsatzes der Ressourcen (Futter, Wasser) in der Tierhaltung zu erhöhen. Dadurch wird der ökologische Fußabdruck der Tierhaltung verkleinert und ein bewussterer Umgang mit tierischen Erzeugnissen befördert.

Es wird ein Premiumniveau auch beim Export tierischer Erzeugnisse angestrebt. Zunehmend knappe Ressourcen bei den Produktionsfaktoren (Fläche) und Umweltgüter (Wasser, Luft) sollten über Veredlung und hohe Produkt- und Prozessqualitäten optimal genutzt werden. Dabei wird weiterhin Wert auf eine effiziente und vollständige Verwertung aller Tierteile gelegt, vor allem solche Teilstücke, die auf dem heimischen Markt eine niedrige, in anderen Ländern eine hohe Wertschätzung genießen. Die Wirkungen von Exporten tierischer Produkte und Futtermittelimporten sollen in den Ziel- und Herkunftsländern analysiert und gegebenenfalls Maßnahmen entwickelt werden.

In der GAP, erste und zweite Säule, sollen Anreize und Rahmenbedingungen für die künftige Förderperiode geschaffen werden, um kleinere und mittlere tierhaltende Betriebe bei der Anpassung an höhere Tierwohl- und Umweltstandards durch die Förderung zu unterstützen.

Grünland gilt als ökologisch wertvoller als Ackerland, ist jedoch wirtschaftlich meist weniger rentabel. Traditionell erfolgt die Grünlandnutzung durch Weiderhaltung und Futterwerbung. Milchviehhaltung mit Weidegang, extensive Formen der Rindermast und Schaf- und Ziegenhaltung haben bis heute ein positives Bild der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung als tiergerechte und naturnahe bodengebundene Form der Nutztierhaltung in der Gesellschaft geprägt. Der über lange Zeit rückläufige Grün¬landanteil ist durch agrarpolitische Maßnahmen inzwischen wirksam gestoppt. Das BMEL strebt eine Erhöhung des Grünlandanteils an und erarbeitet mit dem Julius Kühn-Institut eine Grünlandstrategie. Eine stärkere Unterstützung der Grünlandbewirtschaftung wird geprüft.

Die Empfehlungen der Nutztierstrategie wurden auf Machbarkeit und Folgenabschätzung durch externe Untersuchungen geprüft.