Mutterkühe und Kälber hautnah: der Hoftag macht’s möglich

Familie Schulte betreibt Landwirtschaft mit Herzblut. Die ganze Familie lebt und arbeitet mit ihren Tieren.

Josef und Karin Schulte betreiben gemeinsam mit ihren Söhnen Mutterkuhhaltung von Fleischrindern auf ihrem Hof im Kreis Olpe. Der Betrieb hat eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 50 Hektar und insgesamt haben die Schultes 90 Tiere. Karin und ihr Mann Josef sowie die Söhne Joshua und Jannick gehen einer anderen Berufstätigkeit nach und kümmern sich im Nebenerwerb um den Betrieb. Dabei hat sich jeder einen Schwerpunkt ausgesucht: Joshua widmet sich den Tieren und Jannick interessiert sich mehr für Maschinen.

Die Familie öffnete am 7. Oktober 2018 zum "Tag des offenen Hofes" ihren Betrieb für die interessierte Öffentlichkeit. Sie wollen zeigen, wie Landwirtschaft funktioniert und auch, dass damit ein wichtiger Beitrag zur Erhaltung und Pflege der Kulturlandschaft geleistet wird. Der Betrieb ist "ausgesiedelt" - aus der Dorfmitte an den Rand umgezogen. Dort haben die 90 Tiere jetzt ein komfortables Winterquartier. Im Sommer grasen sie rund ums Dorf. Mutterkuhhaltung ist Landschaftspflege pur. An den steilen Hängen können die Rinder gemütlich grasen. Gemäht werden die ebeneren Wiesen, um ausreichend Futter für den Winter zu konservieren.

Bei der Begrüßung und Eröffnung des Hoftages, der gemeinsam mit dem Erntedankfest gefeiert wurde, stellte Landrat Frank Beckehoff fest, dass es "wunderbar ist, wenn Landwirte ihre Höfe öffnen, um der Bevölkerung die heimische Landwirtschaft näher zu bringen". Und weiter sagte er: "Denn gerade im direkten Erleben kann einerseits das Schöne und Interessante gesehen aber auch Verständnis für die Sorgen und Nöte auf dem Hof geweckt werden."

Arbeitsalltag mit den Mutterkühen

Josef Schulte zeigte beim Rundgang über den Hof den großen Stall. Die Kühe können bei jeder Temperatur selbständig entscheiden, ob sie im Stall sein wollen oder nach draußen gehen. Eine Kuh hatte gerade vor zwei Tagen ihr Kalb bekommen, sie war mit ihrem Kalb und zwei weiteren hochträchtigen Mutterkühen im Stall. Josef Schulte erklärte: "Wir sind bei jeder Geburt dabei, halten uns beim Kalben aber im Hintergrund und beobachten eigentlich nur. Wir greifen ein, wenn es nötig ist." Außerdem konnten die Besucher erfahren, dass die hochträchtigen Kühe einen Sensor am Schwanz haben. Wenn die Geburt einsetzt, erhält der Landwirt über eine App eine Mitteilung auf sein Handy.

Morgens um 5 Uhr stehen alle Familienmitglieder auf. Dann werden die Tiere gefüttert und versorgt. Es wird täglich mit frischem Stroh eingestreut. Nach diesen morgendlichen Arbeiten im Stall widmen sich die Schultes ihrer anderen Arbeit. Auf dem Hof muss immer jemand da sein. Nach Absprache ist es aber auch möglich, dass jeder mal einen Urlaub machen kann.

Alle notwendigen Maschinen haben die Schultes selber gekauft und damit jederzeit zur Verfügung. Das macht sie flexibel in ihrer Arbeitseinteilung. Josef Schulte zeigte und erläuterte die Maschinen, die für den Hoftag auf einer Weide präsentiert wurden. Darunter ist beispielsweise auch ein Viehtransporter, mit dem die Zuchttiere auch zu Ausstellungen gebracht werden.

Trockenheit in diesem Sommer

Die Erntebilanz in diesem Jahr fiel bei den Landwirten durchwachsen aus und war im Kreis Olpe sehr unterschiedlich. Allgemein litt die Landwirtschaft unter der großen Trockenheit im Sommer und die Nachwehen der Dürre werden noch lange zu spüren sein. Josef Schulte erläutert, dass er im Sommer bereits zufüttern musste. Insgesamt schätzt er aber ein, dass seine diesjährigen Grasschnitte ausreichen: "Gut wäre, wenn die Kühe jetzt noch vier Wochen auf der Weide sein könnten, wenn das Wetter das zulässt."

Mutterkuhhaltung ist sehr tiergerecht

Mutterkuhhaltung gilt als tiergerechteste Art der Fleischrinderhaltung. Bei der Mutterkuhhaltung bleiben die Kuh und ihr Kalb in der Regel sechs bis neun Monate lang zusammen. Rinder in dieser Haltungsart verbringen viel Zeit auf der Weide. Mastrinder haben nach eineinhalb bis zwei Jahren ihr Schlachtgewicht erreicht. Familie Schulte hat 45 Mutterkühe, die jetzt so nach und nach ihre Kälber bekommen. Die männlichen Tiere werden zum Mästen nach der gemeinsamen Zeit mit der Mutterkuh abgegeben, die ersten voraussichtlich ab Mai. Die weiblichen Tiere bleiben auf dem Hof und gehen in die Zucht, ungefähr mit drei Jahren bekommen sie ihr erstes Kalb.

Früher hielt man Rinder zur Milch- und Fleischerzeugung, heutzutage gibt es Milch- oder Fleischrassen. Fleischrinderrassen wie "Angus" oder "Charolais" bilden rasch viel Muskelmasse, Milchviehrassen wie "Deutsche Holstein" sind auf hohe Milchleistung gezüchtet. Familie Schulte hält Fleischrinder der Rasse Charolais.

Exkurs zur Rinderrasse Charolais

Die Charolais-Rasse war schon immer eine Mastrasse. Die Milchgewinnung ist dem Kalb vorbehalten. Die Rinderrasse "Charolais" entwickelte sich aus einem Zweig der großen Jura Rinderrassen, deren Spuren in vielen prähistorischen Fundstätten zu finden sind - vor allem in der Schweiz. Die Rasse setzte sich hauptsächlich in Mittelfrankreich durch, wo sie zur Fleischerzeugung und als Arbeitstier genutzt wurde. Durch die Verwendung als Arbeitstier richtete sich die Zuchtauswahl auf einen muskulösen Körperbau, der nicht dazu neigt, viel Fett anzusetzen.

Durch die züchterische Arbeit entstand im Laufe der Zeit eine reine Mastrasse, die im Unterschied zur Arbeitsrasse mit einer tieferen Brust, kürzeren Gliedmaßen, größerer Muskelmasse und einer beeindruckenden Form ausgestattet ist. Dabei wurde in der Zucht darauf geachtet, die Beweglichkeit der Tiere zu erhalten, damit sie riesige Weideflächen durchstreifen und entlegene Wasserflächen erreichen können.

Das Charolais-Rind ist einfarbig weiß bis cremegelb, Flotzmaul (Verschmelzung von Naseneingang und Oberlippe), Horn und Klauen sind hell. Die Tiere sind großrahmig, haben einen eher kleinen Kopf mit großem Flotzmaul. Der Körper ist groß, breit, tief und lang. Die Bemuskelung an Schulter, Rücken, Lende, Becken und besonders an der Keule ist ausgeprägt.

Rinderrassen zum Kennenlernen

Die Landwirte aus der Gegend haben einige ihrer Rinder mitgebracht, um sie den interessierten Bürgerinnen und Bürgern am Hoftag zu zeigen. Vorgestellt wurden die Rassen Fleckvieh, Blonde d’Aquitaine, Galloway, Jersey, Limousin, Red Angus und Scottish Highland. Die Rassen sind teilweise sogenannte Zweinutzungsrassen und haben eine gute Fleischleistung. Die Tierhalter haben Fragen beantwortet, außerdem gab es Hinweisschilder mit den wichtigsten Informationen.

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