Puten – Haltung und Tierschutz
Der Konsum von Geflügelfleisch erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Mit steigender Nachfrage wachsen die Ansprüche an die Zucht und Haltung der Tiere. Die kommerzielle Aufzucht und Mast von Puten erfolgt in Deutschland überwiegend in Offenställen mit natürlicher Wind- bzw. Schwerkraftlüftung, seltener in geschlossenen Ställen mit Zwangslüftung. Die Erzeugung von Puten erfolgt getrennt nach Geschlecht und lässt sich in eine Aufzucht- und Mastphase unterteilen.
Aufzucht und Mast
In Abhängigkeit von den vorhandenen Stallanlagen werden verschiedene Verfahren angewandt, die die wirtschaftliche Auslastung entscheidend beeinflussen. Es gibt das sogenannte Rein-Raus-Verfahren oder das Rotationsverfahren. Im Rein-Raus-Verfahren wird gemästet, wenn nur ein Stall zur Verfügung steht. Aufzucht und Mast erfolgen bei diesem Verfahren in einem Stall. Hahnen- und Hennenküken werden gemeinsam als Eintagsküken oder als Jungputen in einem Alter von vier bis sechs Wochen in separaten Abteilen eingestallt. In der Regel erhalten die Hähne zunächst etwa 60 Prozent der Stallfläche, während den Hennen bis zur Schlachtung (ca. 16. Lebenswoche) die restlichen 40 Prozent zur Verfügung stehen. Nach der Ausstallung der Hennen können die verbleibenden Hähne die gesamte Fläche nutzen. Anschließend erfolgt die Reinigung und Desinfektion der gesamten Anlage mit dem Vorteil, dass die Infektionskette unterbrochen wird.
Beim kontinuierlichen Verfahren, das am häufigsten angewandt wird, werden männliche und weibliche Tiere zunächst gemeinsam im Aufzuchtstall eingestallt, wobei die Hähne nach ca. fünf bis sechs Wochen in den Hahnenstall umgesetzt werden. Die Hennen verbleiben bis zur Schlachtung zwischen der 15. bis 17. Lebenswoche im Aufzuchtstall. Nach erfolgter Ausstallung der Hennen wird der Stall gereinigt und desinfiziert und kann in der 19. Woche erneut mit Küken belegt werden. Die Hähne verbleiben bis zur Schlachtung mit 21 bis 22 Lebenswochen im Hahnenstall, der ab der 24./25. Woche wieder erneut mit Hähnen belegt werden kann.
Stallbedingungen
Zu den Stallklimafaktoren gehören die Temperatur, die Luftfeuchtigkeit, der Gehalt an Staub und Schadgasen sowie das Licht. Ein optimales Klima trägt zur Gesundheit der Tiere bei.
Eine Raumtemperatur von 21 bis 23 °C ist bei entsprechender Zusatzheizung ausreichend. Wichtig ist auch, dass die Tiere nicht zu warm gehalten werden, da zu hohe Stalltemperaturen die Atmung und den Herzschlag beschleunigen. Auch auf die Luftfeuchtigkeit muss geachtet werden. Ist die Luftfeuchtigkeit zu hoch, wird die Wärmeabgabe durch Verdunstung verhindert. Bei zu geringer Luftfeuchtigkeit erhöht sich der Staubgehalt der Stallluft, was sich negativ auf die Atmungsorgane auswirken kann. Die Lüftung eines Stalles hat die Aufgabe, die Tiere mit Frischluft zu versorgen, überschüssige Wärme abzuführen und dient der Reduktion von Schadgasen und Staub.
In Deutschland erfolgt die Aufzucht und Mast von Puten überwiegend in Offenställen mit Jalousien, sodass den Tieren Tageslicht zur Verfügung steht. Bei geschlossenen Altställen und bei Ställen mit natürlichem Lichteinfall kann zusätzlich künstliche Beleuchtung genutzt werden. Bei Neu- und Umbauten sollte prinzipiell natürliches Licht zur Verfügung stehen. Im Regelfall ist eine Kombination von natürlichem und künstlichem Licht erforderlich. Dabei sollte die Hell- und Dunkelphase dem natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus angepasst sein. In der Dunkelphase sollte eine Orientierung im Raum möglich sein, das Licht muss jedoch soweit heruntergefahren werden, dass die Puten ruhen können.
Die Qualität der Einstreu beeinflusst entscheidend den Gesundheitsstatus der Herde und damit das Mastergebnis. Die Strohqualität hängt von verschiedenen Bedingungen ab. Eine schlechte Strohqualität, verursacht durch ungünstige Witterungsbedingungen zum Erntezeitpunkt, kann zu einem Befall mit Pilzen führen. Gersten- oder Roggenstroh absorbiert die Feuchtigkeit am meisten und eignet sich daher am besten als Einstreumaterial. Qualitativ gutes Weizenstroh lässt sich ebenfalls gut einsetzen. Die Einstreu sollte stets trocken und nicht zu hart sein, da es sonst zu Entzündungen der Fußballen und als Folgeerscheinung zu Beinschäden kommen kann.
Anzahl der Tiere im Stall
Wieviel Platz die Tiere im Stall haben ist bedeutend für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Tiere. Wenn die Tiere sich wohlfühlen sind sie leistungsfähiger und die Putenmast ist effektiver. Dies macht sich beispielsweise bei der Gewichtsentwicklung und dem Futterbedarf bemerkbar.
Die sogenannte Besatzdichte wird in Lebendgewicht am Ende der Mast vorgegeben, das müssen die Tierhalter so planen, dass diese Eckdaten nicht überschritten werden. Die Eckdaten liegen lt. der „Bundeseinheitlichen Eckwerte für eine freiwillige Vereinbarung zur Haltung von Mastputen“ für Putenhennen bei 45 kg Lebendgewicht pro m² nutzbarer Stallgrundfläche und bei Putenhähnen 50 kg Lebendgewicht pro m² nutzbarer Stallgrundfläche. Putenhennen sind am Ende der Mast zwischen 9,5 kg und 11,5 kg schwer, Putenhähne ca. 19 kg bis 22,5, kg.
Beschäftigungsmöglichkeiten
Üblicherweise sind konventionelle Putenställe bis auf Fütterungs- und Tränkeinrichtungen reiz- und strukturlos. Das Anbieten von Beschäftigungsmaterial wie zum Beispiel Strohballen, Körbe/Raufen mit Stroh oder Heu und auch Pickblöcke ermöglichen arttypisches Erkundungsverhalten. Erhöhte Ebenen mit Rampen oder andere Aufbaum- oder Unterschlupfmöglichkeiten bieten Ruhemöglichkeiten und dienen ebenso dazu, den biologischen Bedarf der Tiere abzudecken.
Alternative Haltungsverfahren gewinnen in der Putenmast an Bedeutung, da sich die Verbrauchererwartung verändert hat. Eine Möglichkeit ist auch das Anbieten eines Außenklimabereiches. Damit sind überdachte und betonierte Außenflächen gemeint. Diese werden in Bezug auf Tiergesundheit und Hygiene positiv bewertet.
Haltungsformen mit Auslauf
In der konventionellen Geflügelmast regeln Vermarktungsnormen die Auslaufhaltung. Es werden drei Formen unterschieden: Auslaufhaltung, Bäuerliche Auslaufhaltung und Bäuerliche Freilandhaltung. Geregelt wird dabei der Platz im Stall, ab wieviel Tagen die Tiere geschlachtet werden dürfen, wieviel Tage Auslauf gewährt werden muss und wie groß die Auslauffläche sein muss. Die Anforderungen der bäuerlichen Auslaufhaltung gehen über die normale Auslaufhaltung weit hinaus. Bei der Bäuerlichen Freilandhaltung kommt noch die Forderung nach einem flächenmäßig unbegrenzten Auslauf hinzu.
Verzicht auf Schnabelbehandlung
Ein Thema zur Verbesserung des Tierwohlstandards ist, dass die sogenannten nichtkurativen Eingriffe bei Nutztieren beendet werden sollen. Bei Legehennen und Puten ist damit beispielsweise die Schnabelbehandlung gemeint. Manchmal kommt es in der Putenhaltung dazu, dass die Tiere sich gegenseitig die Federn auspicken. Damit es nicht zu schweren Verletzungen kommt, wird den Puten der Oberschnabel gekürzt. Allerdings soll künftig darauf verzichtet werden.
Die deutsche Geflügelwirtschaft und das BMEL haben in ihrer „Vereinbarung zur Verbesserung des Tierwohls, insbesondere zum Verzicht auf das Schnabelkürzen in der Haltung von Legehennen und Mastputen“ festgestellt, dass der Ausstieg aus dem Schnabelkürzen bei Puten nur schrittweise und in der breiten Praxis erst dann erfolgen kann, wenn ausreichende wissenschaftliche Erkenntnisse über die Ursachen von Federpicken und dem sogenannten Kannibalismus und über die Möglichkeiten ihrer Vermeidung vorliegen.
Bis zum Verzicht auf das Schnabelkürzen bei Puten und in Fällen, in denen die Unerlässlichkeit des Eingriffs glaubhaft dargelegt ist, verpflichtet sich die deutsche Geflügelwirtschaft das Schnabelkürzen ausschließlich in Brütereien am ersten Tag nach dem Schlupf vorzunehmen. Die Betreiber der Brütereien verpflichten sich, dabei ausschließlich das Infrarot-Verfahren anzuwenden.
Übertragung von Forschungsergebnissen in die Praxis
Das BMEL fördert über Modell- und Demonstrationsvorhaben (MuD) den Transfer von Forschungsergebnissen in die landwirtschaftliche Praxis. Auf der Grundlage der Ergebnisse abgeschlossener Forschungsprojekte wird ein Netzwerk von Betrieben gebildet. Die Betriebe testen die wissenschaftlichen Ergebnisse, sie tauschen ihre Erfahrungen aus und besuchen sich gegenseitig. Die teilnehmenden Betriebe werden intensiv beraten, wie beispielsweise die Aufzucht nicht schnabelgekürzter Puten möglich sein könnte.
Sobald aufgrund der Ergebnisse der Forschungsvorhaben und der MuD ein Ausstieg aus dem Schnabelkürzen für die breite Praxis möglich erscheint, werden für die Putenhaltung geeignete Hilfsmittel entwickelt, die anderen Putenhaltern helfen. Ein wesentliches Instrument ist auch die Beratung.
Im Bereich der Legehennen ist die Entwicklung weiter vorangeschritten. Es gibt bereits Beratungsinstrumente für die Tierhalterinnen und Tierhalter. Ab dem 1. Januar 2017 wird lt. Der „Freiwilligen Vereinbarung“ in Legehennenhaltungen in Deutschland auf die Einstallung von schnabelgekürzten Junghennen verzichtet.
Weitere Informationen
Bundeseinheitliche Eckwerte für eine freiwillige Vereinbarung zur Haltung von Mastputen

