Antibiotika sind für die Behandlung von Krankheiten notwendig

Antibiotika sind unverzichtbar für die Behandlung bakterieller Infektionskrankheiten. Ein sehr wichtiges Ziel ist daher, ihre Wirksamkeit für Mensch und Tier zu erhalten. Der verantwortungsvolle Einsatz in der Tierhaltung dient der Tiergesundheit und dem Tierschutz.

Aus der Humanmedizin sind Infektionskrankheiten und lokale bakterielle Prozesse wie beispielsweise Abszesse oder Blutvergiftungen bekannt. Sie sind für die Tiergesundheit von ähnlich großer Bedeutung wie für die Humanmedizin. Infektionserkrankungen in landwirtschaftlichen Nutztierbeständen verursachen zudem gravierende wirtschaftliche Schäden. Die Anwendung von Antibiotika dient nicht alleine der Heilung von Tieren, sondern verhindert auch die Übertragung krankmachender Bakterien von Tieren auf Menschen (die sogenannten Zoonosen). Hiervon profitieren Personen mit Tierkontakt (beispielsweise in der Landwirtschaft arbeitende Personen und deren Familien oder auch Hundebesitzer und deren Familien) sowie Verbraucherinnen und Verbraucher von Lebensmitteln und anderen Produkten, die vom Tier stammen. Nur von gesunden Tieren können gesunde Lebensmittel gewonnen werden.

Sorgfältiger Einsatz von Antibiotika ist notwendig

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) tritt seit Jahren dafür ein, dass beim Einsatz von Antibiotika ein strenger fachlicher Maßstab zugrunde gelegt wird. Antibiotika dürfen bei Tieren nur dann eingesetzt werden, wenn dies aus therapeutischen Gründen geboten ist. Die Entstehung und Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen lässt sich nur durch den sorgfältigen Einsatz von Antibiotika in der Human- und Tiermedizin begrenzen.

Jeder Einsatz von Antibiotika fördert die Entstehung und Verbreitung von Resistenzen und stellt damit ein potenzielles Risiko für Mensch und Tier dar. Deshalb dürfen Antibiotika nur dann angewendet werden, wenn dies medizinisch zwingend indiziert ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn eine bakterielle Infektion als Krankheitsursache diagnostiziert wurde. Ein vorbeugender Einsatz eines Antibiotikums bei Nutztieren wie auch bei Klein- und Hobbytieren ist nur in besonders begründeten Einzelfällen vertretbar, wie zum Beispiel bei schwerwiegenden chirurgischen Eingriffen. Wird unter guten hygienischen Bedingungen gearbeitet, ist auch dies oftmals nicht erforderlich.

Ein nachhaltiges Tiergesundheits- und Hygienemanagement ist Bestandteil der tierärztlichen Betreuung in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung. Antibiotika dürfen nicht dazu verwendet werden, betriebliche Mängel in der Hygiene oder den Haltungsbedingungen auszugleichen.

Antibiotikaeinsatz und die Entwicklung von Antibiotikaresistenzen minimieren

Verschiedene Strategien wurden im Laufe der Zeit in Kraft gesetzt, um den Verbrauch von Antibiotika in der Nutztierhaltung auf ein notwendiges Mindestmaß zu reduzieren.

Die Bundesregierung hat 2014 das Antibiotika-Minimierungskonzept des Arzneimittelgesetzes (AMG) in Kraft gesetzt. Jeder landwirtschaftliche Betrieb, der landwirtschaftliche Nutztiere mästet, muss halbjährlich melden, wie häufig er Antibiotika bei seinen Tieren einsetzt. Diese Daten werden in einer zentralen staatlichen Datenbank eingegeben.

Die Evaluierung über den Zeitraum vom zweiten Halbjahr 2014 bis einschließlich 2017 zeigt, dass das Antibiotikaminimierungskonzept funktioniert. Die Gesamtverbrauchsmenge an Antibiotika bei allen sechs Nutzungsarten (Mastferkel, Mastschweine, Mastputen, Masthühner, Mastkälber, Mastrinder) ist im untersuchten Zeitraum um fast ein Drittel von 298 Tonnen auf 204 Tonnen gesunken. Die Evaluierung hat auch wichtige Daten über Einzelheiten der Antibiotikaanwendung in der Tiermast sowie Hinweise, wie das Antibiotikaminimierungskonzept weiter verbessert werden kann, ergeben.

Was nicht akzeptabel ist: Der Einsatz von Antibiotika und Reserveantibiotika bei Mastgeflügel ist im untersuchten Zeitraum (zweites Halbjahr 2014 bis einschließlich 2017) kaum zurückgegangen. Bei Masthühnern und Mastputen lag der Anteil an Reserveantibiotika bei rund 40 Prozent der jeweiligen Verbrauchsmenge.

Anstrengungen zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen

Alle staatlichen Programme und Maßnahmen zur Begrenzung von Antibiotikaresistenzen werden durch die Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie (DART) auf nationaler Ebene gebündelt. Die erste DART wurde im Jahr 2008 aus einer gemeinsamen Initiative des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG), des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) sowie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) heraus entwickelt.

Das Bundeskabinett hat am 13. Mai 2015 die Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie DART 2020 beschlossen. Damit wurden die 2008 begonnenen Anstrengungen zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen fortgesetzt und verstärkt. Jährlich wird über den Stand der Umsetzung von DART 2020 berichtet.

Antibiotikaresistenzen sind ein ernst zu nehmendes Problem. Sie führen dazu, dass bakterielle Infektionen schwerer oder auch gar nicht mehr behandelbar sind, weil Antibiotika ihre Wirksamkeit verlieren. Dies hat längere und deutlich schwerere Krankheitsverläufe und möglicherweise auch vorzeitige Todesfälle zur Folge. Deshalb ist die Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen von großer Bedeutung.

Die DART 2020 ist darauf ausgerichtet, die Entstehung und Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen zu verhindern. Sie sieht verschiedene Maßnahmen vor, die parallel in der Human- und Veterinärmedizin ansetzen. Tiere und Menschen werden oft von demselben Krankheitserreger infiziert und mit denselben Antibiotika behandelt. Nur mit einem Ansatz, der alle betroffenen Bereiche Mensch, Tier und Umwelt umfasst, kann die Entstehung und Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen erfolgreich eingedämmt werden. Dies ist mit der Bezeichnung One-Health-Ansatz gemeint: Um die Antibiotikaresistenzen zu begrenzen, müssen die Disziplinen übergreifend zusammenarbeiten. Die konsequente Umsetzung des One-Health-Ansatzes ist kennzeichnend für die DART 2020.

Hoher Verbrauch von Reserveantibiotika ist nicht akzeptabel

Jede Anwendung von Antibiotika kann die Entwicklung von Resistenzen nach sich ziehen. Ziel aller Maßnahmen ist die Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes auf das therapeutisch notwendige Minimum und insbesondere die Verminderung der Anwendung von Reserveantibiotika. Der Einsatz bei Mensch und Tier muss auf das absolut notwendige Maß reduziert werden.

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat sich deshalb für eine EU-Liste der Reserveantibiotika eingesetzt. Die Europäische Kommission sollte bis 2022 eine Liste der Reserveantibiotika erstellen, die der Humanmedizin vorbehalten bleiben sollten. Das EU-Parlament hat im September 2021 einen Antrag dazu abgelehnt, sodass Reserveantibiotika weiterhin in der Tierhaltung eingesetzt werden können.

Forschung in der Human- und Veterinärmedizin

Ein Ziel der DART 2020 ist, dass alle Forschungsbereiche in der Human- und Veterinärmedizin gestärkt und interdisziplinäre Forschungsvorhaben vorangebracht werden, von der Grundlagenforschung zur Resistenzentstehung und -verbreitung bis hin zur Entwicklung neuer Diagnostika und Arzneimittel. Durch die Zunahme von Resistenzen stehen immer weniger wirksame Antibiotika für die Behandlung bakterieller Infektionen zur Verfügung. Der Bedarf an neuen Ansatzpunkten und Wirkstoffen ist daher groß.

Forschungsvorhaben im landwirtschaftlichen Bereich – ein Beispiel

Um die Therapiefähigkeit von Antibiotika zu erhalten, muss der Einsatz auf den notwendigsten Bedarf reduziert werden. Die Forschung hilft dabei, dies in einigen Bereichen herauszufinden. Das Forschungsvorhaben MinimA ist hierfür ein Beispiel.

In der Milchproduktion werden bei den Milchkühen in der Trockenperiode antibiotikahaltige Medikamente eingesetzt, um Eutererkrankungen auszuheilen und Neuinfektionen zu verhindern.

Das Projekt „Nachhaltige Minimierung des Antibiotikaeinsatzes durch viertelselektive Trockenstellbehandlung bei Milchkühen (MinimA)“ verfolgt einen konsequent auf den Erregernachweis orientierten Ansatz: Nur infizierte Euterviertel der Kuh werden unter Antibiotikaschutz trocken gestellt. Zur Erklärung: Das Euter der Milchkühe besteht aus vier Milchdrüsenkomplexen, die Euterviertel genannt werden. Das heißt für die Behandlung im Projekt wird nur der Euterteil behandelt, bei dem eine Infizierung festgestellt wurde. Zur Feststellung der Infizierungen werden mehrfach Proben entnommen. Die nicht infizierten Euterviertel erhalten einen internen Zitzenversiegler, um Neuinfektionen zu verhindern. Durch dieses Vorgehen könnte der Antibiotikaeinsatz auf ein Mindestmaß reduziert werden.

Dieses Vorgehen wurde bereits erfolgreich auf Versuchsbetrieben getestet und wird auf seine Praxistauglichkeit geprüft. Dies geschieht in einem Praxisnetzwerk von Milchviehbetrieben in Abstimmung mit den betreuenden Hoftierärztinnen und -ärzten. Seit Ende Juli 2021 werden im Projekt die Gespräche zwischen den Landwirtinnen und Landwirten und den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern geführt. Dabei geht es um die Zwischenergebnisse, aber auch um ganz praktische Erfahrungen.

Mehr zum Projekt MinimA: Viertelselektives Trockenstellen als Maßnahme zur Antibiotikaminimierung

Weitere Informationen

Landwirtschaft.de: Antibiotika in der Nutztierhaltung

BMEL.de: Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie DART 2020

BMEL.de: Tierarzneimittel

BMEL.de: Wie funktioniert das Konzept zur Antibiotikaminimierung in der Nutztierhaltung?

Bundesgesundheitsministerium.de: DART 2020 - Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie